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Abschlußbericht Chamäleonprojekt 2006

 

Text und Fotos: Benny Trapp

 

 

Das Chamäleon-Projekt bemüht sich um den Schutz und Erhalt des einzigen und letzten Refugiums der im Bestand stark bedrohten Basiliskenchamäleons in Europa.

Ziel ist es den ständigen Rückgang der kleinen Chamäleon-Population aufzuhalten und die weitere Zerstörung des Lebensraums zu verhindern.

 


 

 



 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

1. Problematik

2. Einleitung

3. Danksagung

4. Aktionen und Ergebnisse

4.1 Schlupfhilfe

4.2 Nestausgrabungen

4.3 Schlupferfolg 2006

4.4 Schutz neuer Nester

4.5 Überwinterung

4.6 Bestandaufnahme

4.7 Biotop-Pflegemaßnahmen

4.8 Müllbeseitigung

4.9 Beschilderung

4.10 Bewachung

4.11 Camper- Patrouille

4.12 Autozählungen

5. Naturschutz- und Öffentlichkeitsarbeit

5.1 Informationsstand

5.2 Naturkundliche Führungen

5.3 Presse und Medien

6. Forschungsarbeiten

7. Empfehlungen

7.1 Ein Blick in die Zukunft

7.2 Was wird benötigt

 

 

 

 

1. Problematik

1.1 Ständig anwachsender Massentourismus ist eines der schwerwiegendsten Probleme in dem winzigen Lebensraum, in dem die seltenen Reptilien leben. So bedeuten über den Nestern errichtete Zelte, parkende PKW und Wohnmobile oder Strand-Lagerfeuer den sicheren Tod der Eier oder schlüpfenden Jungtiere.

Allradwagen, Moto-Cross-Räder oder Quadts sind außerdem für die Zerstörung der Nistbereiche und Nester verantwortlich.

Durch befahren des Strandes und der Dünen wird der Lebensraum aktiv zerstört (links die Reste des von uns errichteten Naturlehrpfades)

1.2 Das Fehlverhalten vieler Besucher im Umgang mit ihren Abfällen und fehlende Mülleimer führen zu einer übermäßigen Verschmutzung des schmalen Landstreifens mit schwerwiegenden Folgen für die empfindliche Fauna des gesamten Gebietes. Es werden neben Ratten auch unzählige andere Säugetiere in das Gebiet gelockt, die als übermäßige und unnatürliche Feinde der ohnehin seltenen Chamäleons anzusehen sind.

Durch Müll angelockte Hauskatze – kein „natürlicher“ Feind der Chamäleons

Aufgefundene Opfer – Während der Eiablagezeit ein beinahe alltäglicher Anblick

1.3 Mehr und mehr aufkommender Straßenverkehr führt zum Tod unzähliger Individuen, die über die Strasse wechseln müssen, um Partner zu finden oder nach geeigneten Eiablageplätzen suchen. Der von den Chamäleons bewohnte Landstreifen ist schlichtweg zu schmal, um die ständig zunehmende Anzahl von Badetouristen weiterhin unterbringen zu können.

Verkehrsopfer

1.4 Die Betreiber einer Strandtaverne, die in der Mitte des Gebietes steht, haben ihr Gewerbe in den vergangenen Jahren zu einem der umfangreichsten und größten der gesamten Umgebung ausgebaut. Durch aktive Werbung werden unzählige Touristen in das Gebiet gelockt, die hier trotz des Verkaufs von alkoholischen Getränken, Softdrinks und Fast Food keine Toilette angeboten bekommen. Die dadurch entstehenden „wilden Aborte“ dringen immer tiefer in die Büsche, den eigentlichen Lebensraum der Chamäleons, ein und sorgen für besorgniserregende hygienische Zustände.

1.5 Eine große Gefahr für die gefährdeten Reptilien, aber auch alle anderen in diesem Lebensraum vorkommenden Tierarten, ist der Einsatz von Insektiziden durch die unsachgemäße Verwendung von ABATE 50 EC. Das Mittel, dass eigentlich zum Abtöten der Mückenlarven in den Brutgewässern dient, wird hier in großen Mengen in die Büsche versprüht.

1.6 Der Großteil der als NATURA 2000 ausgewiesenen Fläche wird noch immer landwirtschaftlich genutzt. Nach Europäischem Gesetz war die Griechische Regierung verpflichtet, dieses Gebiet bis 2004 als Europäisches Naturschutzgebiet auszuweisen. Dies ist bis zum heutigen Tag noch nicht geschehen. Im eigentlichen Lebensraum der Chamäleons und unzähliger anderer Tier und Pflanzen werden noch immer Äcker und Felder bewirtschaftet, die regelmäßig gepflügt und bearbeitet werden.

1.7 Von der Bedrohung durch die Jagd ist das gesamte Gebiet betroffen. Allein im benachbarten Ort gibt es mehr als 1000 Jäger, die nur darauf warten, auch im Schutzgebiet endlich wieder jagen zu dürfen. Nach unseren Gesprächen mit vielen Einheimischen bleibt die Grundfrage immer dieselbe „ Wann dürfen wir wieder jagen?“ Alles andere – also Probleme mit Müll, Fäkalien, Tourismus scheint kaum zu interessieren. Aber längst nicht alle Jäger halten sich an die Grenzen des Schutzgebietes und illegale Jäger konnten in den vergangenen Jahren täglich beobachtet werden. Hier wird wohl auf Dauer nur internationaler Druck etwas ändern; es bleibt zu hoffen, dass das Gebiet bis dahin nicht leer geschossen ist.

Noch regelmäßig im Gebiet anzutreffen: der Fischadler ( Pandion haliaetus )

Das gesamte Natura 2000 Gebiet ist in jedem Fall einzigartig und es sollten auch in Zukunft alle Anstrengungen unternommen werden, um einen effektiven Schutz zu gewährleisten. Dabei geht es längst nicht nur um das Afrikanische Chamäleon, sondern auch um über 270 nachgewiesene und zum Teil stark gefährdete und seltene Vogelarten, die das Gebiet als Rast- bzw. Brutplatz nutzen. Außerdem handelt es sich um Niststrände der Unechten Karettschildkröte, Caretta caretta und ist zudem Standort einiger seltenen Pflanzenarten (Orchideen, Stranddistel etc.). Weiterhin ist die Lagune auch ein unverzichtbarer Lebensraum für Jungfische.

 

2. Einleitung

Beim Eintreffen im Gebiet am 21.07.2006 wurden schwerwiegende Veränderungen zum Vorjahr festgestellt, die sich auf den Lebensraum und damit auch auf die Populationsdichte der Chamäleons in ihrem kleinen Verbreitungsgebiet auswirken.

An einigen Stellen wurde die Schotterstrasse, die mitten durch das Gebiet führt, nicht wie in den Vorjahren nur ausgebessert, sondern jetzt auch zwischen 1,5 m und 2 m verbreitert. Die Genehmigung zum Ausbau der Straße wurde nach den uns zugetragenen Informationen durch den bis Dezember 2006 amtierenden Bürgermeister abgesegnet. Der verantwortliche Sachbearbeiter arbeitet nicht nur im Bürgermeisteramt, sondern ist gleichzeitig auch einer der beiden Betreiber der oben genannten Strandtaverne. Ob die hierfür ebenfalls erforderliche Genehmigung der für das Gebiet zuständigen Archäologischen Gesellschaft vorlag, wird zurzeit noch geprüft. Leider ist dies mit einer einfachen Anfrage nicht zu ermitteln.

 

Der vorhandene und wahrscheinlich auch zusätzlicher Schotter wurde bis in die Buschvegetation am Rande der Straße aufgeschoben und bedeckt stellenweise die geschützten Dünen und Vegetationsbereiche. An mehreren Stellen wurden die Büsche zusätzlich mit maschineller Hilfe gekürzt.

Die Straße hat durch den Ausbau in diesem Jahr erstmals eine Breite erlangt, die es gestattet nun auch an ihrem Rand zu parken. Die hierdurch entstandene Fläche ermöglicht es einer Vielzahl von Fahrzeugen auch außerhalb der offiziellen Parkplätze zu stehen.

Hinzu wurde am Ende der Straße auf einer Länge von ungefähr 50 m eine besonders große Verbreiterung geschaffen, die ganz offensichtlich als weiterer Parkplatz dienen soll. Dadurch wurden insgesamt etwa 100 m² Sanddüne zerstört.

Der „wilde Parkplatz“ liegt nun in dem bis dahin am wenigsten durch Badetourismus frequentierten Bereich, der bislang als unberührtester und gleichermaßen naturbelassenster Teilbereich galt. Bisher führten von hier aus keine Fußwege oder Pfade von der Strasse aus durch die Dünen, also die Nistbereiche, an den Strand.

Am Ende der Strasse, die durch das Natura 2000-Gebiet führt, ist ein Parkplatz für Besucher einer antiken Stätte angelegt, welche von hier aus durch einen Fußweg zu erreichen ist. Stück für Stück parken auch hier Fahrzeuge weiter in die Vegetation hinein und vernichten Meter für Meter die Gräser und Büsche, wodurch mittlerweile ein weiterer „wilder Parkplatz“ entstand. Nur wenige der hier parkenden Personen besuchen auch wirklich die Burg aus dem 12. Jahrhundert. Vorwiegend dient der Parkplatz Badetouristen, die entlang der Wasserkante nun kaum noch Platz finden und sich gezwungenermaßen auf den Nistdünen niederlassen.

Geparkt wird überall im Gebiet längst nicht mehr nur auf den dafür vorgesehenen Flächen, sondern mehr und mehr in der Vegetation und auf den Dünen neben den Straßen und Parkplätzen. Diese bedeuten vor allem Nistplatz der Chamäleons und gleichzeitig Lebensraum für unzählige andere geschützte Pflanzen- und Tierarten.

Entlang des Strandes konnten zu Beginn des Projektes vielerorts deutliche Spuren von Traktor- oder Kettenfahrzeugen entdeckt werden. Ganz offensichtlich wurde wie jedes Jahr angeschwemmtes Strandgut (inkl. Müll) nicht aufgesammelt, sondern mittels eines „Pfluges“ aufgeschoben und über die Sanddünen in den hinteren Bereich des Strandes geschoben. Die Fahrzeuge sind bei diesen Arbeiten nur zufällig nicht über einige uns bekannte Nester gefahren (oder haben diese mit Sand- und Müll bedeckt), sondern haben diese nur knapp verfehlt.

Der auch für die Müllbeseitigung zuständige Beamte ist bereits seit zehn Jahren (seit Beginn des Projektes) über die Problematik und Sensibilität der Stranddünen informiert. Als Mitbetreiber der Strandtaverne hat er bestimmten Bedingungen Folge zu leisten, um sein Gewerbe überhaupt in Mitten des Schutzgebietes ausüben zu dürfen. Er hat offiziell dafür Sorge zu tragen, dass die schweren Kettenfahrzeuge und Traktoren lediglich entlang der Wasserkante fahren und die Nistbereiche nicht gefährdet werden. Dies wurde in Absprache mit Marilia Kalouli und Andrea Bonetti von der Griechischen Ornithologischen Gesellschaft (H.O.S.) und der Archäologischen Gesellschaft geregelt. Wie auch in den vergangenen Jahren wurden einige dieser Bedingungen wieder nicht eingehalten.

Von den Schildern, die bis vor einigen Jahren noch auf das Campingverbot im Gebiet aufmerksam gemacht hatten, sind keine mehr übrig. Sie fehlen mitsamt den Stangen und deren Fundament. Der Parkplatz an der „Kantine“, der Strandtaverne inmitten des Gebietes, wurde gegen alle Vereinbarungen und ohne jede Absprache um einige Meter über seine ihm zugesagten Grenzen hinaus vergrößert. Dabei wurden ganz offensichtlich mit maschineller Hilfe auch einige der Fundamente mit aus dem Boden geschoben, an denen in der Vergangenheit einerseits Schilder der Archäologischen Gesellschaft befestigt waren und andererseits die hölzernen Pfähle zur Begrenzung des Parkplatzes einbetoniert waren. Des Weiteren wurden Absperrungen die den Parkplatz eingrenzen sollen einfach zur Seite geschoben und dabei zerstört um dahinter einen Stromgenerator aufstellen zu können.

Bild links: Der Stromgenerator. Im Vordergrund die zerstörte Absperrung – Bild links: die heraus gezogenen Fundamente wurden einfach in die Büsche geschoben.

Auf dem gesamten Strandabschnitt sind lediglich vier Schilder übrig geblieben, die erst im Jahr 2005 von der Archäologischen Gesellschaft neu aufgestellt wurden und nach Ansicht der Mitarbeiter von H.O.S. zumindest teilweise fehlplaziert wurden. Einige von ihnen sind von der Straße (zumindest aus dem fahrenden Fahrzeug) nicht ausreichend ersichtlich. Statt in Fahrtrichtung entlang der Straße zeigen einige von ihnen in Richtung Wasserkante, die nur wenige Meter davon entfernt liegt.

Wie in den Vorjahren stehen auf einer Länge von 2,8 km entlang des Strandes lediglich drei Müllcontainer zur Verfügung. Zwei davon wurden in unmittelbarer Umgebung der Kantine platziert, der dritte weit entfernt vom Strand. Kleinere Mülleimer wurden nach wie vor ausschließlich vor der Kantine aufgestellt und tragen somit lediglich zur Reinhaltung innerhalb des Wirkungsbereichs der Kantine bei. Es entsteht der Eindruck, die von öffentlichen Geldern bezahlten Mülleimer seien Eigentum der Strandtaverne.

Der Umfang der ehemalig kleinen Strand-Bar nimmt jedes Jahr größere Ausmaße an

Die Situation ist bei einer geschätzten Zahl von täglich mehr als 1000 Besuchern, die sich über den gesamten Strand verteilen, bereits seit Jahren untragbar.

Um das Befahren der Dünen zu verhindern, ist der Strandbereich zur Seeseite hin seit einigen Jahren mit Holzpollern abgegrenzt. Ein Großteil der hölzernen Pfähle wurde mutwillig entfernt oder zerstört, ein weiterer Teil hat die feuchte Luft im Laufe der Jahre nicht überstanden und beginnt zu verrotten.

Die Absperrungen des Parkplatzes an der Strand-Bar sind völlig zerstört

 

3. Danksagung

Das Projekt, unter der Leitung der „Griechischen Ornithologischen Gesellschaft“, wurde seit 2006 zum ersten Mal in Zusammenarbeit mit der AGA/ACES durchgeführt!

Dass monatelange Arbeit, Aufenthalt und Material auch Geld kosten ist leider unumgänglich. Für die großzügige, finanzielle Unterstützung, die den größten Teil unserer Unkosten getragen hat, möchten wir dem BDT (Bund Deutscher Tierfreunde), seinen Leitern, Mitgliedern und Gönnern im ganz Besonderen danken. Ohne diese Hilfe wäre es in diesem Jahr schlichtweg nicht durchführbar gewesen. Des Weiteren bedanken wir uns für alle Spenden, die uns auf anderem Wege erreichten.

Ganz herzlich verbunden sind wir all den freiwilligen Helfern, die ihre Zeit und Energie selbstlos geopfert haben, um unser Projekt und dadurch den Lebensraum der Lagune von Gialova zu erhalten und schützen. Daher möchten wir uns an dieser Stelle bei allen bedanken, die in irgendeiner Form zum Gelingen des Projekts beigetragen haben.

 

Dies waren im Jahr 2006:

 

Morten Padbjerg Andersen Elin Hoglund-Josefin Giorgos Nikomanis

Nicolas Bedau Anna Kaczmarczyk Eleni Oberbauer-Hofmann

Katarzyna Biskup Marilia Kalouli Magdalena Owsianko

Andrea Bonetti Peter Kleinert Vicky Pappa

Kitty Brayne Christian Köster Julia Rzeczkowska

Andrew Brown Themis Koukouletas Alexandra Said

Sarah Christen Dorina Kraft Athanasia Simoglou

Klaus Ehrlich Nicos Liberopoulos Gunther Streith

Anne Eschermann Rachel Limbrick Tom Umlauft

Dennis Fink Fotini Lyra John Wagner

Maria Gies Jannis Magkouras Karen Wagner

Jana Grabner Thomas Mannl Dustin Weingardt

Franziska Handlos Armand-Bernard Marguerite

Maria Heinrich Hagen Meckel

 

 

 

Unentbehrlich hat sich vor allem auch unsere liebenswerte Mitarbeiterin "Inga Thoben-Smit" gemacht. Da es ihr nicht vergönnt war vor Ort mit zu arbeiten, organisierte sie zahlreiche Informationsstände und scheute weder Mühe noch Entfernung um diese überall in Deutschland selbständig aufzubauen und zu betreuen. Durch ihre Hilfe konnten nicht nur zahlreiche Helfer angeworben werden und unsere Tätigkeiten der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden, sondern auch eine enorme Summe auf unserem Spendenkonto verbucht werden, dass uns die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) großzügig zur Verfügung gestellt hat.

 

Bereits vor der Saison 2006 ist unser Projekt durch zahlreiche Spenden unterstützt worden. Wir sind all denen zu tiefem Dank verpflichtet, die ihren Teil dazu beigetragen haben unsere Bemühungen im Naturschutz mit zu finanzieren. Besonders hervorzuheben sind hier die regelmäßigen Überweisungen von den Betreibern der "Terraxotica", einer Terraristik-Börse, bei der wir uns ganz herzlich bedanken.

 

4. Aktionen und Ergebnisse:

Aktiver Schutz der Nester bei Schlupf und Eiablage

4.1 Schlupfhilfe

Schon vor Anfang der Schlupfzeit ist das Einarbeiten der neuen Helfer durch Begehen der Nester und Nistbereiche dringend erforderlich.

Ab spätestens dem 05. August müssen die im Vorjahr fotografierten Nester jedem Mitarbeiter des Projektes bestens bekannt sein. Nur so kann gewährleistet werden, dass rechtzeitig Hilfe für die schlüpfenden Jungtiere erfolgen kann. Vom 01. August bis zum 01. Oktober wurden täglich alle Bereiche, in denen Nester entweder bekannt waren oder vermutet wurden, mehrmals täglich abgelaufen und auf schlüpfende Chamäleons kontrolliert. Jeder dieser Kontrollgänge dauert zwischen ein und drei Stunden. Da Chamäleons nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr als Schatten erkennen können, sitzen frisch geschlüpfte Jungtiere meist unweit vom Nestausgang auf niedrigen Grashalmen oder anderen Pflanzen dicht beieinander und sind somit während der ersten Nacht besonders gefährdet.

Erst am darauf folgenden Tag sind sie in der Lage, die höheren Büsche selbstständig zu erkennen und zu erklettern. Um den Verlust eines gesamten Nestes durch Katzen, Füchse oder Steinmarder in der ersten Nacht zu verhindern, werden die Tiere daher vorsichtig in die höhere Vegetation der näheren Umgebung umgesetzt. Dies kann unter Berücksichtigung der nötigen Vorsicht und je nach Erfahrung der beteiligten Helfer zwischen 20 und 60 Minuten pro Nest dauern.

Zunächst werden die Jungtiere vom niedrigen Pflanzenwuchs entnommen.

Dabei werden sie nicht mit den Fingern berührt, sondern der Halm, auf dem sie sitzen, unter ihnen abgebrochen. Zur Geschlechtsbestimmung werden die jungen Chamäleons auf einen „Fersensporn“ kontrolliert, den nur männliche Tiere besitzen.

Sarah bestimmt das Geschlecht und verteilt die Jungtiere in die Büsche

Im Anschluss werden sie im Abstand von mindestens 50 cm voneinander in die höheren Büsche verteilt.

    • Nestausgrabungen

Zwei Tage nach dem Schlupf eines Geleges werden die Nester ausgegraben, um den Schlupferfolg zu kontrollieren. Je nachdem, wie einfach die leeren Eierschalen zu finden sind, kann dies zwischen 15 und 45 Minuten dauern.

Thomas und Franzi auf der Suche nach den leeren Eierschalen

Kontrolliert und erfasst werden dabei hauptsächlich folgende Daten:

a) Nesttiefe

b) Anzahl leerer Eierschalen (also erfolgreich geschlüpfte Jungtiere)

c) abgestorbene Eier

d) unbefruchtete Eier

e) verstorbene Jungtiere im Nest

f) durch Wurzelwerk (oder andere Ursachen) zerstörte Eier

4.3 Schlupferfolg

Selbstverständlich können nicht alle jungen Chamäleons während oder nach dem Schlupf aufgefunden werden. Die ermittelte Zahl der geschlüpften Tiere wird daher aus der Summe der beobachteten Schlüpflinge und der darüber hinaus aufgefundenen Eierschalen ermittelt.

In diesem Nest waren 24 geschlüpfte Chamäleons lebendig begraben. Auf dem Nest hatten wochenlang PKWs geparkt und den Sand derart kompakt gefahren, dass sich die Jungtiere nicht nach oben graben konnten

Durch Wurzelwerk zerstörte Chamäleon-Eier

Während der Saison 2006 konnten auf diese Weise insgesamt 2800 erfolgreich geschlüpfte Chamäleons aus 137 Nestern dokumentiert werden. Bei insgesamt 35 Nestern wurden weder Schlupf noch Eierschalen nachgewiesen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass aus diesen kein Schlupf erfolgte, sondern demonstriert lediglich, wie schwer es ist die kleinen Lebewesen im Gelände oder Eierschalen im Sand aufzuspüren. Dafür konnten 107 Schlüpflinge aus insgesamt 5 Nestern entdeckt werden, die im Vorjahr unentdeckt geblieben waren.

Die Gesamtzahl der Jungtiere ist zwar weit geringer als erwartet, doch sind überraschenderweise wesentlich mehr Weibchen als Männchen gezählt worden. In den vergangenen Jahren verhielt sich das Verhältnis zwischen den Geschlechtern stets 1:1. In diesem Jahr sind es erfreulicher Weise etwa 60% Weibchen und 40% Männchen. Da ein Männchen mit mehreren Partnerinnen pro Saison paaren kann, ist dieses Ergebnis überaus zufrieden stellend.

4.4 Schutz neuer Nester

Um die Nester erfolgreich schützen zu können wird der gesamte Strandbereich nach ihnen abgesucht. Hierzu werden insgesamt 7 Gruppen eingeteilt, die einzelne Abschnitte kontrollieren.

Armand entdeckt ein Nest – Das Weibchen im Vordergrund schiebt den Sand aus der „Niströhre“

Alle entdeckten Nester werden zum Schutz gegen grabende Säugetiere (Marder, Füchse, Dachse und wildernde Hunde) mit Metallgittern abgesichert. Vom Beginn des Nestbaus über die Ablage der Eier bis zum schließen der Nester können bis zu 24 Stunden vergehen. In dieser Zeit sind die Weibchen besonders gefährdet. Über den Eingängen der Nisthöhlen werden Käfige gesetzt. Um diese herum werden weitere Gitter befestigt um zu verhindern dass die Käfige untergraben werden können. Die Maschenweite der Gitter ist grob genug, dass die Chamäleons zwar durch sie hindurch kriechen können, um das Nest selbständig zu verlassen, ein größerer Feind jedoch nicht eindringen kann.

Schutzgitter über dem Nest

Um Störungen während der Eiablage oder des Nestbaus zu verhindern, werden die Nester provisorisch „getarnt“ (hier noch unvollständig).

Am nächsten Morgen verlassen die Weibchen das Nest und bleiben gewöhnlich auf dem Ausgang liegen. Der Käfig hat sich als Schutz vor Räubern bewährt. Der Geruch von auf dem Nest verteilten Hundehaaren hält außerdem zumindest einige Marder oder Katzen fern.

Nächtlicher Räuber: Der Steinmarder jagt Chamäleons und gräbt ihre Nester aus.

Jährlich werden einige Gelege an völlig ungeeigneten Orten abgelegt. Solche Nester müssen komplett aus dem Erdreich entnommen werden um sie an optimalen Stellen wieder einzugraben. Das Umsetzen von Chamäleoneiern hat sich in der Vergangenheit als ungefährlich für diese erwiesen. Bislang wurde nachweislich kein einziges beschädigt wie der Schlupferfolg bewies.

Andrea Bonetti beim Umsetzen von Eiern, die unter den Asphalt abgelegt wurden.

Die ersten neuen Chamäleon-Nester wurden dieses Jahr erst viel später als in den vergangenen Jahren gefunden. Am 25.09.2006 konnten aber gleich drei Gelege entdeckt werden, seit dem täglich ein bis drei weitere. Ein Weibchen verloren wir in der ersten Woche. Ein freilaufender Hund hatte das Tier aus der Nisthöhle gezogen und den Schwanz des Weibchens bereits abgebissen als die Helfer zur Hilfe eilten. Für die Besitzer des Hundes kam die Reue leider zu spät. Schilder, Aufklärung und Informationsstände erreichen leider nicht alle Besucher des Gebietes. Dass dieses Weibchen trotz der Verletzungen erneut zur Eiablage geschritten ist halten wir für unwahrscheinlich. Auch konnte es trotz intensiver Suche nicht wieder gefunden werden.

4.5 Das Überwinterungsprojekt

Ein Großteil der ausgewachsenen Chamäleons überlebt den Winter nicht. Solange die Population über eine derart kleine Individuenzahl verfügt werden einige Chamäleons in Mardersicheren Freigehegen überwintert. Während weniger als 5% der ausgewachsenen Tiere es über schaffen, sind es in den Gehegen weit über 90%. Kurz vor der Paarungszeit werden diese Tiere markiert und in die Freiheit entlassen.

Markieren und Aussetzen der in Freigehegen überwinterten Chamäleons (von links nach Rechts: Tom und Peter, Giorgos und Jana, Jana beim Aussetzen)

4.6 Bestandsaufnahme

Während der Saison werden mindestens 2 Zählungen vorgenommen, um den Bestand regelmäßig zu kontrollieren. Die Zählung ausgewachsener Chamäleons im Gebiet ergab Anfang August dieses Jahres 173 Individuen. Bei der Bestandaufnahme im September konnten nur noch knapp 80 Chamäleons beobachtet werden. Hierbei ist jedoch zu erwähnen, dass die schlechten Witterungsverhältnisse keine so genauen Angaben zuließen wie im August. Starke Winde und dauerhafter Regen zwangen die Chamäleons in tiefere Bereiche der Büsche, wo sie für die Erfassung nicht mehr so leicht auszumachen waren.

4.7 Biotop-Pflegemaßnahmen

Große Gebiete entlang des Strandes wurden in der Vergangenheit durch Befahren von Kraftfahrzeugen eingeebnet und „platt gefahren“. Die ehemals hügelige Landschaft ist dadurch in vielen Bereichen völlig flach und seitdem zur Eiablage der Chamäleons ungeeignet. Von uns angehäufte „künstliche“ Dünen (Nisthügel) wurden in den letzten Jahren sofort als Eiablageplatz angenommen.

Die im Vorjahr aufgeworfenen Sandhügel haben sich der Umgebung bereits perfekt angepasst.

An geeigneten Stellen, die sowohl sonnenexponiert als auch windgeschützt sein müssen, wurden auch dieses Jahr wieder neue Nisthügel aufgeworfen.

Zwei der neuen Nisthügel

Wo die Vegetation komplett zerstört wurde setzten unsere Helfer neue Pflanzen ein, die zumindest in den ersten Wochen täglich gewässert werden müssen.

Morten P. Anderson aus Dänemark begießt die „neu gepflanzte“ Vegetation.

Um das Befahren der Stand- und Nistbereiche zu verhindern, wurden bereits 1999 Holzpoller entlang der Straße errichtet. Ein Großteil dieser Poller hat jedoch einerseits der bewussten Zerstörung wie auch andererseits der feuchten Luft nicht standgehalten. Um sie zu erneuern wurden aus dem benachbarten Taigetos-Gebirge Baumstämme angefahren, die uns vom Forstamt in Kalamata kostenlos zur Verfügung gestellt wurden.

Gunther Streith beim Ausladen der Hölzer

Mit diesem Material konnte der Großteil der fehlenden und verrotteten Pfosten erneuert werden. Einige Helfer entwickelten während ihrer Einsätze sogar interne Wettbewerbe, bei denen es darum ging wer die meisten Holzpoller eingräbt.

Morten und Sarah, das Power-Team!

Kleine Menschen – große Leistung: Rachel gräbt sich nach Australien

Abgesicherte Bereiche

Um zu vermeiden, dass die Absperrungen innerhalb kürzester Zeit wieder mutwillig zerstört werden haben wir uns dazu entschieden an einigen Bereichen nachzugeben. Daher bleiben an einigen Stellen Teilbereiche offen, an denen Uneinsichtige bis an die Wasserkante vorfahren können. Weiterhin wurden gezielt Parkplätze an weniger wichtigen Orten geschaffen, die ebenfalls mit Holzpfählen eingegrenzt wurden.

Ein riesiger „wilder“ Parkplatz entstand durch dauerhaftes Befahren des Strandes. Um zu vermeiden, dass dieser sich noch weiter ausdehnt wurde er eingezäunt. Renaturierung an solchen Stellen ist aussichtslos.

Enormen Aufwand benötigte die Renaturierung der neuen, nicht genehmigten Parkflächen.

Hierzu wurden zunächst Steinmauern entlang der Straße errichtet.

Harte Arbeit, fantastische Helfer!

Da den Mitarbeitern diese Arbeiten während der heißen Sommertage ausschließlich in den frühen Morgenstunden zumutbar sind, dauerte es einige Wochen bis diese fertig gestellt waren. Täglich wurden zwischen zwei und drei Fuhren Steine aus einem nahe gelegenen Steinbruch geholt und entlang der Straße angehäuft. Im Anschluss wurden die zerstörten Sanddünen wieder aufgeschüttet und neu bepflanzt.

Vorher – Nachher

Geschützter Bereich

4.8 Müllbeseitigung

Von Mitarbeitern des Projekts provisorisch aufgestellte und täglich entleerte Mülleimer wurden in den vergangenen Wochen angenommen und beweisen die Bereitschaft der Besucher, den Strand und die Umgebung vom Unrat fernzuhalten.

Das Versprechen der Bürgermeisterin gegenüber Athanasia Simoglou und Nikos Liberopoulos von der Griechischen Ornithologischen Gesellschaft, die in Eigeninitiative aufgestellten Mülleimer entlang des Strandes zu entleeren, wurde nicht eingehalten. Das Resultat ist im folgenden Bild zu sehen:

 

 

Während der Touristensaison sammelten sich an den Straßenrändern daher gewaltige Müllhaufen, die als Brutstätten von Ratten und Mäusen heranwachsen und abstoßend auf die Besucher der einzigartigen Landschaft wirken.

Die Mitarbeiter des Projektes haben den Glauben an die Bereitschaft der Bürgermeisterin, zu helfen, längst aufgegeben. Sie sammelten den Müll auf und stellten die gefüllten Plastiktüten zur Abholung an den Straßenrand, von wo aus sie aber leider erst 5 Wochen später abgeholt wurden.

Zusätzlich wurden durch unsere Mitarbeiter regelmäßig Strandreinigungen durchgeführt. Diese dienen weniger dem Zweck, dem ästhetischen Empfinden der Badetouristen und uns selbst Genüge zu tun, als die Anzahl von Ratten, Füchsen, Steinmardern und wildernden Katzen möglichst gering zu halten. Je weniger Feinde der Chamäleons während der Schlupf- und Eiablagezeit von August bis Oktober im Gebiet leben, umso höher ist die Anzahl schlüpfender Jungtiere und erfolgreich nistender Weibchen.

Dustin, unser jüngster Helfer, bei der Strand-Reinigung

4.9 Beschilderung

Da in den vergangenen Jahren nahezu alle Schilder zerstört wurden, die auf das Campingverbot aufmerksam gemacht hatten, kam es in der Vergangenheit immer wieder zu unnötigen und zeitaufwändigen Diskussionen zwischen Campern und Naturschutzwarten. Wie bereits erwähnt, sind die wenigen Schilder der „Archäologischen Gesellschaft“ nur schwer erkennbar und viele Wildcamper hatten trotz unserer Aufklärungsarbeiten kein Verständnis für das Campingverbot. Wir befinden uns in der schwierigen Situation, dass einige der Besucher auf Verbotschilder drängen und andere einen „Schilderwald“ verneinen. Eine goldene Mitte ist hier nicht zu erreichen, doch fällt bei aufgestellten Schildern die Argumentation wesentlich leichter. Fünf neue Schilder im Wert von insgesamt 500,- Euro, die in den Kernzonen aufgestellt wurden, machen auf den Status des Schutzgebietes aufmerksam und geben in Griechisch, Englisch und Deutsch klare Regeln vor:

„Lieber Besucher,

Sie befinden sich in einem Schutzgebiet! Das Befahren des Strandes ist verboten. Parken ist lediglich auf den ausgewiesenen Parkplätzen und am Straßenrand erlaubt. Camping, Zelten und Übernachten im Fahrzeug ist im gesamten Gebiet strengstens untersagt. Bitte halten Sie den Strand sauber und leinen Sie Ihre Hunde an. Zuwiderhandlungen werden strafrechtlich verfolgt“

Die Schildstangen wurden mit etwa 100 cm tiefen Fundamenten aus Stahlbeton eingegraben. Alle Arbeiten wurden von einem Mitarbeiter der „Archäologischen Gesellschaft“ beaufsichtigt, um sicher zu stellen, dass keine antiken Funde bei den Arbeiten beschädigt werden können.

Buddeln, schüppen, rühren…. Hier wird angepackt

Seit einigen Wochen befinden sich ebenfalls unsere eigenen, aus bemalten Holzbrettern bestehenden Hinweisschilder, am Straßenrand. Auf diesen wird in griechischer und englischer Sprache um die Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzungen gebeten. Um Wilddiebe nicht direkt auf das gefährdete Vorkommen der Chamäleons aufmerksam zu machen, dienen Landschildkröten als Piktogramm.

Wir erhoffen uns mehr Verständnis und ein wachsameres Auge auf der Straße, auf der nicht selten mit bis zu 90 km/h statt der vorgeschriebenen 40 km/h gefahren wird. Den Erfolg statistisch zu beweisen erscheint uns schwierig, doch stießen wir mit den Schildern bisher auf viel positive Resonanz.

 

4.10 Bewachung

Um zu verhindern, dass Chamäleons von Tierhändlern oder Haltern aus der Natur entnommen werden, wird im Gebiet dauerhaft patrouilliert. Hierzu werden selbst nachts Helfer eingeteilt, die in ständigen Kontakt zur Projektleitung stehen.

Die Gruppen bestehen aus jeweils mindestens 2 Personen, die mit Fahrrädern auf- und abfahren und während der jeweils zweistündigen Schicht gleichzeitig auch weitere sinnvolle Tätigkeiten übernehmen. Hierzu gehören regelmäßige Nestkontrollen, das Leeren der provisorisch aufgestellten Mülleimer, Renaturierungsarbeiten oder Instandsetzen der hölzernen Absperrungen.

Nachtschicht auf dem Fahrrad – Reinigung eines Betonkanals

 

Dieser alte Entwässerungskanal wurde während einer Nachtschicht gereinigt und anschliessend gewässert. Er ist nun Lebensraum für unzählige Amphibien, Reptilien, Insekten sowie Nahrungsplatz vieler Vögel und der Chamäleons.

 

 

4.11 Camper-Patrouille

Kurz vor Sonnenuntergang, im Juli/August also zwischen 19.00 und 21.00 Uhr, werden alle sich im Gebiet befindenden Campingurlauber auf das Campingverbot aufmerksam gemacht und aufgefordert, den Bereich zu verlassen. Es wird weiterhin kontrolliert, ob sich Zelte im Gebiet befinden, Lagerfeuer vorbereitet werden oder bereits brennen. Wohnmobilen und Wohnwagen, an denen niemand anzutreffen ist, wird eine schriftliche Benachrichtigung unter die Scheibenwischer geklemmt, die in sechs unterschiedlichen Sprachen verfasst wurde.

4.12 Autozählungen

Zur Erfassung der Besucherzahl werden zweimal wöchentlich zur Mittagszeit (jeweils zwischen 14.00 und 16.00 Uhr, Mittwoch und Samstag) alle fahrenden und parkenden Fahrzeuge im Gebiet gezählt.

Die folgenden Zahlen zeigen deutlich, wie sehr das Verkehrsaufkommen von Jahr zu Jahr zunimmt:

10.08.2004: 126 Fahrzeuge

13.08.2005: 403 Fahrzeuge

13.08.2006: 697 Fahrzeuge

Nach unserer Ansicht ist für den zunehmenden Verkehr in erster Linie die Kantine verantwortlich, die in den umliegenden Städten und Dörfern für ihr Unternehmen wirbt.

Ab Ende August, dem Ende der Ferienzeit in Griechenland, ging der Verkehr zunehmend, deutlich zurück. Die Kantine inmitten des Gebietes wurde, wohl aufgrund der ungünstigen Witterungsbedingungen, bereits ab dem 20.09.06 geschlossen und mitsamt Sonnenschirmen entfernt. In der Vergangenheit war diese teilweise noch bis in den Oktober aufgebaut. Somit wurden auch an den Wochenenden weniger Besucher ins Gebiet gelockt. Die Zählungen ergaben seit dem zwischen 20 (an regnerischen Tagen) und 100 Fahrzeugen während der zweistündigen Anwesenheit unserer Mitarbeiter.

Parallel zu den Autozählungen werden alle Wirbeltiere, die den „Straßentod“ erleiden, täglich erfasst. Die überfahrenen Reptilien und Kleinsäuger werden in Museumsalkohol konserviert und am Ende der Saison dem ZFMK (Zoologisches Forschungsinstitut Museum Koenig, Bonn) zur Verfügung gestellt.

Überfahrene Leopardnatter (Zamenis situla)

 

5. Naturschutz- und Öffentlichkeitsarbeit

    • Informationsstand

Ein Informationsstand befindet sich in dem nächstgelegenen Dorf. Hier werden unter anderem auch naturkundliche Führungen angeboten, bei denen auf die Geschichte des „Natura 2000-Gebietes“ und die umfangreiche Artenvielfalt in und um das Schutzgebiet hingewiesen wird.

Unsere charmante Sissy Simoglou ist verantwortlich für den Informationsstand und die Organisation der Helfer

Unter den jährlich bis zu 270 Vogelarten befinden sich viele seltene Arten die aus nächster Nähe im Flug oder bei der Nahrungsaufnahme beobachtet werden können. Um den Schutz der Chamäleons zu gewährleisten, werden die Nistplätze und genauere Details über den Aufenthaltsort der Chamäleons nicht preisgegeben. Die Bitte um Verständnis fand bislang immer offene Ohren. Dafür wird am Infostand über die Biologie und Sensibilität der Tiere aufgeklärt. Besonders wichtig erscheint uns der Hinweis auf ein angemessenes Verhalten in der Natur und die Einhaltung der Regeln im Schutzgebiet. Leider werden Reptilien häufig noch wie Gegenstände in die Hand genommen, ohne den enormen Stressfaktor für die Tiere zu berücksichtigen. Es wird viel zu oft vergessen, dass sich auch fürchtet, was nicht schreien kann. So können trächtige Chamäleons schlimmstenfalls auch an stressbedingter Legenot eingehen. Unsere Helfer mussten Mitte August beispielsweise unzählige frisch geschlüpfte Meeresschildkröten (Caretta caretta) aus Eimern und Schlauchbooten einiger Strandbesucher befreien, da offensichtlich in der Nacht zuvor ein Gelege am benachbarten Strand geschlüpft war.

Aus diesem und einem weiteren Nest sind im Sommer 2006 junge Meeresschildkröten (Caretta caretta) geschlüpft. Der Geruch der Jungtiere hat Räuber angelockt, die erfreulicherweise nur noch die leeren Eierschalen ausgraben konnten.

Aus solchen Gründen besteht an Aufklärung eindeutig noch mehr als genügend Bedarf. Täglich kommt es außerdem zu unterhaltsamen Diskussionen und es werden dauerhaft interessante Kontakte geknüpft. Darüber hinaus werden verschiedene Artikel und Souvenirs zum Verkauf angeboten. Diese Gelder werden vor allem für Werkzeuge, Fahrradreparaturen, Benzinkosten usw. verwendet.

5.2 Naturkundliche Führungen

Bereits seit August wurden jeden Mittwoch und Samstag Naturkundliche Führungen durch das Gebiet angeboten. Vor allem ab September mit Beginn der Zugzeit vieler Vogelarten wurden diese von Schüler-, Reisegruppen und interessierten Touristen gerne angenommen. Die Rundgänge werden von uns in Deutsch, Englisch und Griechisch geführt. Sofern anderssprachige Helfer zur Verfügung standen konnten die Informationen auch in die jeweilige Landessprache (Polnisch, Französisch und einige mehr) übersetzt werden. Es wird unter anderem über den Status des „Natura 2000 – Gebietes“, die beheimatete Fauna und Flora sowie die menschliche Nutzung der Lagune aufgeklärt.

Der Eisvogel (Alcedo atthis) ist in den umliegenden Feuchtgebieten noch recht häufig

Unvergessen bleiben den Besuchern vor allem die Flamingos, Eisvögel, Seidenreiher und Fischadler die um diese Jahreszeit täglich beobachtet werden können.

Ein Erlebnis für klein und groß: Die Vogeltour

5.3 Presse und Medien

Währen der Saison 2006 war ein Kamerateam aus Dänemark zu Gast. Geplant ist ein Film über die Biologie und Problematik der Chamäleons.

Adam stellt eine wahre Begebenheit für seine Dokumentation nach: Benny Trapp wird von einem Quad-Fahrer angegriffen. Das untere Foto zeigt „das Original“:

Nach persönlicher Absprache werden keine Informationen in dem geplanten Film weitergegeben, die auf den genauen Fundort der letzten Griechischen Chamäleons hinweisen können. Die Produktionen der „LOKE-Film“ werden international, also auch in Griechenland ausgestrahlt. Wir versprechen uns hiervon mehr Verständnis im allgemeinen Umgang mit der Natur und den hierzulande oft noch verhassten Reptilien. Dass dies in Griechenland leider noch längst nicht zu einer Selbstverständlichkeit gehört kann nach unserer Ansicht am besten durch medienwirksame Filme vermittelt werden. Adam Schmedes arbeitete von Ende August bis 30. September unter ständiger Begleitung eines unserer Mitarbeiter und wurde bei seiner Arbeit im vollen Umfang von uns unterstützt. Die Dreharbeiten werden in der folgenden Saison fortgesetzt.

Wie jedes Jahr berichteten Athener und lokale Zeitungen über unsere Aktivitäten. Anlass dazu ist vor allem der Internationale Vogeltag am 08. Oktober. Wie jedes Jahr veranstaltet die Griechische Ornithologische Gesellschaft einen großen Informationstag, an dem dieses Jahr auch die Vertreter von BDT und ACES anwesend waren. Ein kurzes Interview vom Griechischen Fernsehen wurde in den Nachrichten landesweit ausgestrahlt, wodurch beide Organisationen und das großzügige Sponsoring nun auch in Griechenland bekannt gemacht wurde.

Bettina Klein (BDT), Brigitte Peter (ACES), Nadja Ziegler (ACES), ???, und Klaus Ehrlich (Helfer) am Informationsstand des „Internationalen Vogeltags“

6. Forschungsarbeiten

Zwischen Ende August und Mitte Oktober befand sich der Biologiestudent Klaus Ehrlich unter unseren Helfern. Neben der normalen Arbeit hat er sich zum Ziel gesetzt unter anderem mehr über das Nahrungsspektrum der Chamäleons herauszufinden. Hierfür versucht er eine möglichst komplette Sammlung aller Heuschrecken- Grillen- und Gottesanbeterinnen - Arten zusammen zu stellen. Die Belege wurden im November 2006 dem Zoologischem Forschungsinstitut des Museum König in Bonn (ZFMK) zur Ausarbeitung zur Verfügung gestellt. Da auf diesem Gebiet in Griechenland leider noch nicht ausreichend geforscht werden konnte besteht die Wahrscheinlichkeit, dass durch diese Arbeit sogar neue Insektenarten oder Unterarten entdeckt bzw. bestimmt werden können. Diese Bestandaufnahme dient vor allem aber dazu belegen zu können, wie umfangreich die Artenvielfalt innerhalb eines Gebietes sein muss um das Überleben einer Chamäleonart zu gewährleisten.

Klaus Ehrlich bei der Präparation der Insekten

Sie soll in den folgenden Jahren auf weitere Insektenfamilien (Wildbienen, Wespenartige, Falter, Käfer…) und Spinnentiere ausgedehnt werden. Mit der Erfassung können in der Zukunft außerdem Rückschlüsse über den Zustand des Gebietes gezogen werden. Um eine Tierart zu schützen reicht es selbstverständlich nicht nur ihre Nester abzusichern. Der Erhalt des gesamten Biotops und allem was dazu gehört ist von fundamentaler Bedeutung. Im Feuchtgebiet das an dem Habitat der Chamäleons grenzt wurden bislang über 270 Vogelarten nachgewiesen. Um den Wert des Lebensraums zu bemessen werden auch weiterhin regelmäßige Kartierungen und Vogelzählungen gemacht. Mindestens zwei Helfer beobachten in regelmäßigen Abständen (mindestens zweimal wöchentlich) das Geschehen im Gebiet.

Viele Versuche die Temperatur im Nest zu ermitteln scheiterten bislang an unserer Abwesenheit über die Wintermonate. Daten konnten daher bislang nie über die gesamten 11 Monate der Inkubationszeit ermittelt werden. Gunther Streith organisierte aus Deutschland ein Mess-System, mit dem die Temperaturen im Nest alle 10 Minuten gemessen und festgehalten werden können, ohne das es aus dem Boden entnommen werden muß. Hierfür wurde ein Messfühler in 2 verschiedene Tiefen, die für Chamäleonnester typisch sind, eingegraben. Herr Streith kontrolliert das System alle paar Wochen und entnimmt die Daten (auch über den Winter). Ein Computerprogramm wird Ende 2007 die exakten Daten ermitteln und in einem Diagramm wiedergeben.

Gunther beim Einsetzen des so genannten „Lockers“

Außerdem werden regelmäßig Gewässerproben aus verschiedenen Bereichen des Feuchtgebietes entnommen und mit recht bescheidenen Mitteln analysiert. Selbstverständlich hat auch die Gewässergüte der Umgebung einen wichtigen Einfluss auf das Nahrungsangebot der Reptilien und Vögel.

7. Empfehlungen

7.1 Ein Blick in die Zukunft

Die meisten Probleme hatten wir wie in den Vergangenen Jahren mit der lokalen Bürgermeisterschaft. Wie bereits erwähnt, betreibt der für das Gebiet zuständige Beamte in Mitten des Natura 2000 Gebietes eine Strandtaverne. Sein Ziel ist es möglichst viele Besucher an den Strand zu locken, um möglichst viel Umsatz zu machen. Jede Aktivität von Naturschutz steht diesem kommerziellen Treiben dabei im Weg und wurde bislang auf zum Teil illegale Weise bekämpft. In den vergangenen Jahren kam es sogar zu Auseinandersetzungen, bei denen die Leitung des Projekts massiv bedroht wurde. Immer wieder wurden uns Genehmigungen (z.B. zum Errichten unseres Informationsstandes) verweigert, Versprechungen und Zusagen gebrochen oder die gesamte Kommunikation verweigert.

Im Oktober 2006 wurde jedoch ein neuer Bürgermeister gewählt. Die Projekt-Leitung steht in gutem Kontakt zu dem zukünftigen Gemeindevorsteher und bearbeitet zurzeit Vorschläge zur Verbesserung der Situation. Wir erhoffen uns sehr viel von dem Wandel in der Regierung des Bezirks. Dieser und andere Berichte werden zukünftig in der Landessprache übersetzt an den Bürgermeister gesendet und sollen bei Ratsversammlungen diskutiert werden. Nur mit der Hilfe eines wohlwollenden Bürgermeisters lässt sich zwischen Tourismus und Umweltschutz ein Kompromiss finden. Erste Schritte sind bereits in Planung. Zur Diskussion stehen Straßenpoller, die den gefährlich rasanten Verkehr im Gebiet beruhigen sollen. Wir hoffen, dass diese bereits in der nächsten Saison aufgebaut werden können. Eine weitere Maßnahme ist die Planung der Parkplätze und das Eingrenzen der Nistbereiche. Dies kann nicht auch weiterhin Arbeit der freiwilligen Helfer mit Hilfe von provisorischen Mitteln sein. Um die massive Umweltverschmutzung zu vermeiden sind Mülleimer geplant, die regelmäßig geleert werden. Ein Umstellen der Kantine, einem nicht zu unterschätzendem und daher noch nicht wegdenkbarem Faktor für die Tourismusbranche des gesamten Umkreises, an eine für die Chamäleons weniger wichtige Stelle steht zur Erwägung.

Einer der wichtigsten Punkte erscheint uns die Öffentlichkeitsarbeit. Vorträge, Seminare und Schulungen könnten die Meinung vieler Anwohner zum Denken anregen, wodurch wir uns noch mehr Hilfe und weniger Widerstand aus der Bevölkerung erhoffen. Nach unserem Ermessen ist der neue, ab Amtsantritt zum 01.01.2007 amtierende Bürgermeister dem Naturschutz ebenso aufgeschlossen wie dem Fortschritt, wodurch sich zukünftig einiges zum Vorteil des einzigartigen Lebensraumes und dessen Tierwelt ändern wird.

7.2 Was wird benötigt

Eine Reihe fehlender Materialien erschwerten uns das Vorankommen in vielerlei Hinsicht. Zu Beginn des Projektes standen uns zwei völlig veralterte Computer zur Verfügung, die bereits nach wenigen Tagen ausfielen. Einige wichtige Dinge konnten so nur an den privaten Notebooks der Helfer oder Projektleitung getätigt werden. Es fehlt vor allem an einem modernen PC mit Bildschirm und einem Notebook für den mobilen Einsatz, da sonst weder für die Kommunikation, noch Erhebung und Speicherung der notwendigen Daten gewährleistet werden kann. Auch unseren Helfern gegenüber haben wir die Verpflichtung, die Kommunikation zu ihren Familien oder Universitäten zu gewährleisten. Einige von ihnen absolvieren bei uns ihr Praktikum und müssen in ständigem Schriftkontakt zu den Professoren stehen oder ähnlich wichtige Dinge über das Internet erledigen. Ebenso wird ein zuverlässiger S/W-Drucker für die Öffentlichkeitsarbeit benötigt. Drucker mit Farbpatronen haben die Eigenschaft zu verstopfen. Die einzelnen Patronen sind zudem meist teurer als ein neuer Drucker.

So unglaublich es klingen mag, sind in Griechenland oft die einfachsten Dinge nicht, oder nur zu unerschwinglichen Preisen zu organisieren. Eine Bohrmaschine, eine Stichsäge, und ein Akkuschrauber könnten hier schon Wunder tun.

Um in ständigen Kontakt zu den Helfern zu stehen, haben sich einfache Funkgeräte des Typs „PMR“ bewährt. Leider sind diese sehr einfach verarbeitet und halten daher nicht sehr lange bei täglichem Gebrauch. Für die nächste Saison werden 4 neue Sets a 2 Funkgeräte benötigt.

Die wichtigsten Tätigkeiten werden während der Dunkelheit erledigt. Hierfür werden täglich Kopflampen benutzt. Die zwar energiesparenden LED-Lampen haben sich als nicht geeignet erwiesen. Benötigt werden mindestens 12 neue Lampen, die sowohl „normale“ Glühbirnen als auch Halogenbirnen mit Schraubgewinde „E4“ fassen. Für eine ausreichende Leuchtdauer ist die Speisung von 4 Akkus des Typs „Mignon / AA) notwendig.

Für die Verkehrssicherheit der Helfer werden außerdem Fahrradlampen für vorne und hinten gebraucht. Zur Versorgung der Lampen und Funkgeräte fehlen außerdem noch Akkus und Ladegeräte. Zwar wurden 2006 einige angeschafft, doch hat sich herausgestellt, dass diese nicht ausreichten.

Bislang stand uns glücklicherweise, zumindest zeitweise, ein Privatwagen zur Verfügung. Der Wagen unseres Helfers Gunther Streith hat während dieser Saison in unzumutbarem Ausmaß gelitten und ist für das nächste Jahr nicht mehr einsatzbereit. Täglich fallen aber Tätigkeiten und Aufgaben an, die ohne Auto nicht realisierbar sind. Zum Abholen der Helfer, Einkaufen, Material transportieren und ähnliche Dinge wäre eine unsagbare Hilfe für die Mitarbeiter und das gesamte Projekt.


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